Tagebuch 4
Tagebuch 4
Wir hatten viel darüber gesprochen, ob es dieser Ort wert ist, hunderte zusätzliche Kilometer zu schrubben, viel Geld zu bezahlen und dann von einem kahlen Felsen auf Wolken und Nebel zu starren. Das Foto oben entstand um 3.02 Uhr am Freitag morgen und beseitigt - zumindest für uns - alle Zweifel. Wir haben das Nordkapp als einen sehr stimmungsvollen, fast mystischen Ort erlebt, der ein weiterer Höhepunkt unserer Reise ist. Wieder einmal war der Wettergott auf unserer Seite.
Dass wir noch an diesem Tag zum Nordkapp gestartet sind, war freilich vom Wetter beeinflusst. Denn wir haben seit fünf Tagen strahlenden Sonnenschein, geradezu heiße Tage für den hohen Norden. Und der Wetterbericht kündigt seit Tagen einen Wetterumschwung an, der dann allerdings immer wieder verschoben wurde. Wenn also zum Nordkapp, dann jetzt, das war uns klar. Und so haben wir es getan und sind bei jener Fahrt in die Nacht, die nie dunkel wird, wieder einmal dem Zauber der Sommernächte erlegen. Ein unglaubliches Farbenspektrum über einem atemberaubenden Land. Nach Mitternacht erreichen wir in Russenes den Abzweig an einem weiteren Fjord entlang in Richtung Nordkapp. Von nun an geht es mehr als zwei Stunden immer am Wasser entlang nordwärts. Am frühen Abend hatten wir vor Alta unser erstes Rentier gesehen, hier sind es im Laufe des Abends Dutzende. Sie stehen - wie es jeder Nordlandreisende erzählt - oft unvermittelt einfach auf der Straße und bewegen sich keinen Millimeter wenn ein Auto naht.
Irgendwann fahren wir durch den sieben Kilometer langen und 500 Kronen (mehr als 50 Euro in eine Richtung) teuren Tunnel zur Mageroya-Insel, zu der das Nordkapp gehört. Es wird immer karger und zugleich faszinierender. Gegen 2 Uhr sehen wir dann zum ersten Mal die aufgehende (!) Sonne. Natürlich sind die Kinder eingeschlafen. Um 3 Uhr am Nordkapp legen wir sie ins Bett und gehen vor auf den Felsen und genießen die unglaubliche Stimmung. Ganz allein an diesem Ort, die anderen hunderttausenden Besucher sind jetzt gerade nicht da! It‘s magic!
Um 4 Uhr legen wir uns schlafen und als wir um 9 Uhr aufwachen, stehen Andi und Tobi mit ihren Mopeds vor der Tür! Sie sind tapfer bis morgens um 5 Uhr durchgefahren, haben ihr mitgebrachtes fränkisches Bier getrunken und sind seit 25 Stunden wach. Wir frühstücken erstmal an dem sonnigen Morgen gemeinsam - auf dem Nordkappplateau. Der Clou: Da wir mitten in der Nacht gekommen sind, waren die Kartenhäuschen nicht besetzt und wir haben uns weitere 500 Kronen für den Besuch des Nordkapp gespart (215 Kronen je Erwachsener, 70 für jedes Kind). Der Ort genießt nicht umsonst den Ruf unverschämt teuer und in der allermeisten Zeit des Jahres nebelverhangen und windig zu sein. Am Nachmittag können wir uns vom aufziehenden Nebel selber ein Bild machen. Er wird dicht und kalt, doch später reisst es wieder auf und im Laufe des Abends sehen wir immer mal wieder die Sonne und starke Wolkenformationen. Doch um Mitternacht - als hunderte Touristen mit einem Dutzend Bussen angekarrt werden - versteckt sich die Sonne. Das ist der einzige Zeitpunkt, an dem es auf dem Nordkappfelsen etwas arg wird. Wir sind zu dieser Zeit für einige Aufnahmen mit Tobi und Andi und ihren Mopeds vorne auf dem Felsen. Immer wieder wird Andi bewundernd wegen seiner Schwalbe und der zurück gelegten Strecke von rund 5000 Kilometern angesprochen. Erst als es langsam wieder hell wird gegen 2 Uhr gehen wir zu Bett. Das Nordkapp ist seinem Ruf nicht gerecht geworden - zum Glück. Wir genießen es. Entscheidend ist wohl, dass man hier mindestens einen Tag und eine Nacht verbringt und das Spiel von Sonne und Wolken verfolgt, wenn es das Wetter zulässt. Und natürlich hatten wir das große Glück, hier zwei liebe Leute etwas kennen gelernt zu haben.
Fotos: Tobi schläft vor unserem Wohnmobil und macht Nils mit dem Roller vertraut. Die diversen Wolkenformationen am Nordkapp heute. Und der abendliche Besuch mit den Mopeds auf dem Plateau.
Das Nordkap liegt auf 71º 10‘ 21º nördlicher Breite und ist der nördlichste Punkt Europas, der per Straße zu erreichen ist. Vom 307 Meter hohen Felsplateau blickt man aufs Meer und dahinter liegt der Nordpol.
Ein überraschendes Ziel!
Freitag, 7. August 2009